Wie sich CoCo-Bonds auf die Kapitalanforderungen von Versicherungen auswirken

Die Liikanen-Kommission hat vorgeschlagen, mit Contingent Convertible Bonds (bedingt-umwandelbare Anleihen, CoCo-Bonds) die Finanzstabilität des Bankensektors zu erhöhen. Insbesondere Lebensversicherungskonzerne sollen dabei als Halter von CoCo-Anleihen dienen. Da Lebensversicherer in der aktuellen Niedrigzinsphase verstärkt auf der Suche nach höher-verzinslichen Anlagen sind, schenken sie diesen Hybrid-Papieren tatsächlich wachsende Aufmerksamkeit. Helmut Gründl, Professor für Versicherung und Regulierung an der Goethe-Universität, und sein Mitarbeiter Tobias Niedrig haben untersucht, wie CoCo-Bonds ausgestaltet sein sollten, um für Lebensversicherer attraktiv zu sein.*

CoCo-Bonds sind langfristige Anleihen mit festem Zins-Coupon, die automatisch in Eigenkapital umgewandelt werden, wenn die ausgebende Bank in Gefahr einer Insolvenz gerät, bzw. wenn ein zuvor definiertes Ereignis („trigger“) eintritt. Diese Umwandlung ermöglicht es der Bank, ihre Eigenkapitalbasis zu vergrößern und gleichzeitig ihre Zinsverpflichtungen zu verringern.

Laut Liikanen-Kommission sollen sich die Halter von CoCo-Bonds nicht wiederum im Bankensektor absichern; bei Verlusten sollten sie zudem nicht in Refinanzierungsprobleme geraten. Diese Anforderungen werden von Lebensversicherungskonzernen erfüllt: diversifizierten Finanzinstituten mit langfristigen Laufzeiten auf der Finanzierungsseite und restriktiven Kündigungsrechten.

CoCo-Bonds unter Solvency II

Gründl und Niedrig haben nun berechnet, welchen Effekt das Halten von CoCo-Bonds auf die Kapitalanforderungen von Lebensversicherern hat unter Berücksichtigung des 2016 in Kraft tretenden europäischen Regulierungsstandards Solvency-II. Dazu entwickelten sie ein Modell mit einer direkten Finanzbeziehung zwischen Banken und Versicherern (s. Abbildung). Die Bank vergibt Kredite, die über Eigenkapital, Einlagen und zusätzliche Verbindlichkeiten – bedingt-umwandelbare Anleihen (CoCo) oder nicht umwandelbare Anleihen (NoCo) – finanziert werden. Die Finanzbeziehung zwischen Bank und Versicherung basiert auf der Investition der Versicherung in Bankanleihen.


Finanzbeziehung zwischen Bank und Versicherungsunternehmen


Die Autoren untersuchen unterschiedliche Ausgestaltungen von CoCo-Bonds und deren Konsequenzen für die Investoren. Da sich die Anleihen in Eigenkapital umwandeln, werden Anleihebesitzer zu Aktionären und teilen somit alle Vor- und Nachteile, die sich durch zukünftige Umwandlungen ergeben. Um die Auswirkungen der Umwandlung auf die Kapitalanforderungen der Versicherer zu bewerten, verwenden die Autoren zum einen das Solvency-II-Standardmodell, zum anderen entwickeln sie ein internes Modell, das den potenziellen zukünftigen Besitz von Bankaktien antizipiert. Je nach Ausgestaltung der CoCo-Bonds (Trigger-Wert, Wandlungsrate, Haltezeit der Bankaktien) sowie der Risikobereitschaft der Bank ergeben sich unterschiedliche Kapitalanforderungen für den Versicherer.

Kapitalanforderungen hängen von CoCo-Bond-Design ab

Da die Standardbewertung von Marktrisiken auf relativ groben Risikogewichten basiert, ist das Solvency-II-Standardmodell nicht in der Lage, das gesamte Risikoprofil von CoCo-Bonds abzubilden. Das interne Modell kann demgegenüber aufgrund von dynamischen Modellierungstechniken die jeweilige Risikosituation des Unternehmens besser bewerten. In der Tat kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass das Standardmodell die CoCo-Bond-Investoren unter bestimmten Umständen irreleiten und zu ökonomisch unerwünschten Anreizen führen kann. Wenn zum Beispiel der Trigger-Wert erhöht wird, eine Umwandlung in Aktien also erst in einem kritischeren Zustand der Bank eintritt, verringern sich nach dem Solvency-II-Standardmodell ungerechtfertigt die Kapitalanforderungen, während sie nach dem internen Modell steigen.

Nach dem internen Modell erhöhen sich die Kapitalanforderungen für CoCo-Bonds mit Steigen des Trigger-Wertes, abnehmender Wandlungsrate (also weniger Aktien pro Anleihe) und wachsendem Bankrisiko. Darüber hinaus führen CoCo-Bonds zu höheren Kapitalanforderungen als nicht-umwandelbare Anleihen, wenn das Bankrisiko gering ist, und zu niedrigeren Kapitalanforderungen, wenn das Bankrisiko hoch ist. Im Falle hoher Bankrisiken profitieren Versicherer eindeutig von einem Kauf von CoCo-Bonds aufgrund der geringeren Kapitalanforderungen und des höheren Coupon.

Das Paper gibt somit Aufschluss darüber, welches Design CoCo-Bonds zu einer attraktiven Anlage für Lebensversicherer macht. Den Ergebnissen zufolge sind die aktuelle Ausgestaltung und Kalibrierung der Solvency-II-Standardformeln mit Blick auf die Behandlung von CoCo-Bonds unzureichend und sollten verbessert werden. 

* Gründl, H., Niedrig, T. (2015): “The Effects of Contingent Convertible (CoCo) Bonds on Insurers’ Capital Requirements Under Solvency II”, forthcoming in the Geneva Papers on Risk and Insurance: Issues and Practice.

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