Mega? Nano? Die Antwort liegt dazwischen

Prof. Simone Wies, Ph.D. (Foto: Tim Wegner)

Influencer Marketing ist derzeit so gefragt wie nie, da es von vielen Unternehmen als erfolgsversprechende Alternative zur traditionellen Werbung gesehen wird. Als Antwort auf dieses zunehmende Interesse steigt auch die Zahl an Influencer*innen, die in sozialen Netzwerken wie Instagram, YouTube oder TikTok ihre Dienste anbieten und gesponserte Inhalte posten. Für Unternehmen und Agenturen wird es damit immer schwieriger, die richtigen Partner*innen für ihre Kampagnen auszuwählen.

Ein wichtiger Faktor bei der Auswahl von Influencer*innen für eine Zusammenarbeit (Kollaboration) ist typischerweise ihre Anzahl an Follower*innen. Dabei ist jedoch weiterhin umstritten, ob es sich zur Maximierung von Interaktionen, wie der Quantität von Likes oder Kommentaren, mit gesponserten Inhalten eher lohnt, mit „großen“ Influencer*innen zu arbeiten, deren Follower*innenzahlen häufig in die Millionen gehen, oder auf „kleine“ Influencer*innen zu setzen, die oft nur wenige tausend Follower*innen aufweisen. Die Frage, ob Kollaborationen mit Großen oder Kleinen effektiver sind, ist in der aktuellen Marktsituation relevanter denn je.

In einer gemeinsamen Untersuchung mit Prof. Dr. Alexander Bleier (Frankfurt School of Finance & Management) und Prof. Dr. Alexander Edeling (KU Leuven) befasst sich Prof. Simone Wies, Ph.D. (Goethe-Universität Frankfurt, Professur Marketing Strategy & Performance), mit dieser Frage, um Unternehmen und Agenturen Hilfestellungen bei der strategischen Auswahl von Influencer*innen für ihre Kollaborationen zu geben. Die Resultate der Analyse zeigen, dass es tatsächlich weder die ganz großen noch die ganz kleinen Influencer*innen sind, die in einer Kampagne die beste Performance bieten, sondern dass die Kollaboration mit Influencer*innen im oberen Mittelfeld am effektivsten ist. Dies liegt am Zusammenspiel zweier Kernfaktoren, die bestimmen, welches Interaktionsvolumen Influencer*innen mit ihren Posts und Storys generieren: die Reichweite und die sogenannte Engagement Rate.

Auf der einen Seite ist die Reichweite relevant, die abbildet, wie viele Follower*innen Influencer*innen mit ihren gesponserten Posts und Storys erreichen können. Hier punkten insbesondere große Influencer*innen, da ihre Inhalte von einer enormen Follower*innenschaft rezipiert werden. Dies ist ein Grund dafür, warum in Anlehnung an Celebrity Marketing viele Unternehmen gern mit Mega-Influencer*innen zusammenarbeiten oder dies anstreben. Auf der anderen Seite kommt es jedoch auch darauf an, welcher Anteil der erreichten Follower*innen mit dem jeweiligen Post oder der Story interagiert, das heißt, was die durchschnittliche Engagement Rate ist. Hier sind besonders kleine Influencer*innen im Vorteil, da sie oftmals eine deutlich engere Beziehung zu ihren Follower*innen pflegen, als es großen Influencer*innen möglich ist. Der insbesondere in der jüngeren Vergangenheit beobachtbare Fokus von Unternehmen und Agenturen auf Micro- und Nano-Influencer*innen spiegelt den Glauben der Industrie an diesen Einflussfaktor wider.

Die Studie basiert auf einer groß angelegten Felddatenanalyse, mehreren Eye-Tracking- und Online-Laborexperimenten, einer Simulationsanalyse sowie qualitativen Interviews ‒ ein sogenannter Multimethod-Ansatz, durch den das Zusammenspiel von Reichweite und Engagement Rate untersucht werden konnte. Eine wesentliche Implikation der Arbeit ist, dass sich Firmen und Agenturen weder auf Mega- noch auf Nano-Influencer*innen fokussieren, sondern die Zusammenarbeit mit Influencer*innen im oberen Mittelsegment in den Blick nehmen sollten. Angesichts der weithin verbreiteten Unsicherheit, wie Influencer Marketing am besten in die Digitalstrategie eines Unternehmens integriert werden kann und wie Budgets hierzu sinnvoll einzusetzen sind, liefern die Studienerkenntnisse somit signifikante Hinweise für die Zukunftsplanung in diesem immer wichtiger werdenden Markt.

Nähere Informationen zur Arbeit finden Sie hier (Link zur Publikation) sowie hier (LinkedIn-Beitrag des Journal of Marketing).

Wies, Simone, Alexander Bleier, and Alexander Edeling, "Finding Goldilocks Influencers: How Follower Count Drives Social Media Engagement", Journal of Marketing (2022): 00222429221125131. https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/00222429221125131

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