Zum Tod von Tommaso Padoa-Schioppa

Ein Nachruf von Wolfgang Gebauer

Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt trauert um seinen Honorarprofessor Tommaso Padoa -Schioppa, der am 20. Dezember 2010 in Rom verstorben ist. Tommaso  hatte zwei Tage zuvor ein Treffen mit etwa 60 „Freunden seines Lebens“ organisiert und war gerade dabei, beim Dinner in einem römischen Palazzo einige Worte zu sagen, als er einen Herzinfarkt erlitt. Der 70 - Jährige hatte sich bis zuletzt unentwegt und mit ganzer Kraft für das Gelingen der europäischen Einigung eingesetzt, ohne groß auf die Grenzen des Alters zu achten. Bis zuletzt war er in Europa als Berater tätig, etwa für die griechische Regierung im Zusammenhang mit der Schuldenkrise. Vorher hatte er im 2. Kabinett Prodi von 2006-2008 als (parteiloser) italienischer Wirtschafts- und Finanzminister gedient.

Als Tommaso Padoa-Schioppa in Frankfurt 1999 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Goethe-Universität zum Honorarprofessor ernannt wurde, war er gerade als einer der Gründungsväter des Euro zum Mitglied des Exekutivrats der Europäischen Zentralbank ernannt worden. Mit seiner Zuständigkeit für internationale monetäre Kooperation fungierte er sieben Jahre lang quasi als Außenminister der Europäischen Zentralbank. Im Fachbereich brillierte Padoa-Schioppa in Vorlesungen und Seminaren zur internationalen monetären Ökonomie durch seine unnachahmliche Fähigkeit, Theorie und Praxis ebenso fundiert wie anschaulich miteinander zu verbinden. Nie kehrte er seine Position heraus, und wenige wussten, dass er nach seinem Diplom an der Bocconi Universität auch noch den M.Sc. am MIT in Cambridge erworben und dort zusammen mit Franco Modigliani, einem der wirtschaftswissenschaftlichen Nobelpreisträger, publiziert hatte.

In den Blockseminaren, die wir gemeinsam in Riezlern abhielten, verblüffte er die Studierenden geradezu mit seiner Bereitschaft, von ihnen zu lernen: Er fragte gezielt nach ihrer Meinung zu aktuellen Themen und diskutierte abends mit den Seminarteilnehmern in einer Ernsthaftigkeit, als hätte er gerade seine hochrangigen professionellen Berater aus der EZB um sich versammelt. Als er sich dann vor gut zwei Jahren von seinem Frankfurter Tätigkeitsbereichen verabschiedete, bekannte er sich nochmals öffentlich zu seinem von Goya entliehenen Lebensmotto: „Ich lerne immer“. Mit dieser Haltung beeindruckte er mich schon vor fast 30 Jahren, als wir uns erstmals in Brüssel begegneten.

Tommasos Ableben ist ein großer Verlust für den Fachbereich, dem er bis zuletzt verbunden geblieben war. Doch so sehr auch die Lücke schmerzt, er hinterlässt ein doppeltes Vermächtnis: Engagement für gemeinsam Verbindende in Europa und der Welt, und als dazugehörige Implikation den Auftrag für jeden Einzelnen: Höre nie auf, zu lernen.

Wolfgang Gebauer

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