Bronzebüste Reinhard Selten
Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Goethe-Universität zeigt im RuW-Gebäude auf dem Campus Westend eine Bronzebüste des Wirtschaftswissenschaftlers und Nobelpreisträgers Reinhard Selten. Das Porträt ist ein Werk der Künstlerin Maria C. Gräfin Lambsdorff, die es im Januar 2017 im Auftrag der Gesellschaft für experimentelle Wirtschaftsforschung (GfeW) geschaffen hat. Die Büste ist eine Schenkung der GfeW an die Goethe-Universität zum Andenken an den großen Wissenschaftler, der hier nicht nur seine akademische Ausbildung erhielt, sondern auch den Grundstein für seine richtungsweisende spieltheoretische Forschung legte. Die feierliche Enthüllung der Büste fand am 9. März 2017 im Rahmen einer akademischen Gedenkfeier zu Ehren von Reinhard Selten an der Goethe-Universität statt.
Reinhard Selten wurde am 5. Oktober 1930 in Breslau geboren. 1957 erwarb er an der Goethe-Universität sein Diplom in Mathematik, promovierte 1961 in diesem Fach und wurde 1968 im Fach Volkswirtschaftslehre habilitiert. Mit seinen Pionierarbeiten auf den Gebieten der Spieltheorie und der experimentellen Wirtschaftsforschung zählt er zu den international bedeutendsten Ökonomen. Gemeinsam mit Heinz Sauermann und weiteren Frankfurter Kollegen gründete er 1977 die GfeW, die weltweit älteste Vereinigung experimentell forschender Wirtschaftswissenschaftler. Nach seiner akademischen Ausbildung in Frankfurt hatte Reinhard Selten Professuren an der Universität Berkeley, der Freien Universität Berlin, der Universität Bielefeld und zuletzt an der Universität Bonn, wo er von 1984 bis zu seiner Emeritierung lehrte und forschte. 1994 wurde ihm als bislang einzigem deutschem Wirtschaftswissenschaftler – zusammen mit John F. Nash und John C. Harsanyi – der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen. Reinhard Selten starb am 23. August 2016 im Alter von 85 Jahren in Posen.
Zahlreiche Gäste kamen im März 2017 zur akademischen Gedenkfeier nach Frankfurt, darunter viele frühere Wegbegleiter von Reinhard Selten, Freunde und Schüler sowie Mitglieder der Familie. Der Fachbereich hat eine Dokumentation dieser Gedenkfeier publiziert, die das Leben und Werk Reinhard Seltens anhand der sehr persönlichen und beeindruckenden Festreden, die bei diesem Anlass gehalten wurden, nachzeichnet. Die Dokumentation ist als PDF zum Download erhältlich. Das Bronzeporträt Reinhard Seltens basiert auf Aufnahmen aus den späten 1990er und frühen 2000er Jahren. Es zeigt ihn als ruhigen, offenen wie gleichermaßen kritischen und konzentrierten Denker – so, wie ihn viele zeit seines Lebens in Gesprächen und Diskussionen kennengelernt haben.
Die Steinkonsole, auf der die Büste steht, und der dazugehörige Holzsockel wurden vom Nackenheimer Steinmetz Rainer Knußmann gestaltet. Das Holz stammt von einer rotholzigen Akazie, einer Baumart, die vor allem in Israel und Palästina beheimatet ist. Es ist mehrere Hundert Jahre alt und wurde vermutlich bereits im Mittelalter von Israel über den Rhein nach Worms gebracht, wo zu der Zeit eine der ältesten und größten jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Raum existierte. Mit diesem besonderen Holz wird indirekt Bezug genommen auf Reinhard Seltens jüdischen Familienhintergrund väterlicherseits und seine spätere akademische Ausbildung an der Goethe-Universität, einer Hochschule, die 1914 mit Unterstützung zahlreicher jüdischer Familien in Frankfurt gegründet wurde und bis 1933 viele jüdische Wissenschaftler beheimatete.
Maria C. Gräfin Lambsdorff zur Entstehung der Büste
„Ja, es gab einen ganz wichtigen Augenblick für mich bei der Entstehung der Büste! Ich hatte bereits einige Fotos gesehen, die alle großartig waren, konnte aber keinen ‚lebhaften Moment‘ fixieren. Dieser ‚lebhafte Moment‘ ist für mich entscheidend. Er bedeutet Inspiration und zeichnet den Weg [vor], dem man folgen will, um einen ganzen Menschen ‚künstlerisch‘ rüberzubringen.
Ich fand nämlich ein Video aus dem Jahr 2004, zehn Jahre nach der Preisverleihung. Er wird gerade nach seinem Befinden und seinen Eindrücken befragt und wirkt sehr konzentriert auf der Suche nach den richtigen Worten (der leicht geöffnete Mund war mir daher wichtig ...), schaut in die Ferne und spricht langsam, aber bestimmt und um eine gute Kommunikation bemüht. Das war der Moment. Ich habe Fotos davon gemacht. Es wurde auch ‚mein‘ Reinhard Selten.
Hier ist das Video: ‚I began to feel that this is real‘, aus Stockholm. Und ein Foto, das ich während dieser ersten Entstehungsphase gemacht habe.“
Das vollständige Interview mit Reinhard Selten ist auf der Website der Nobelstiftung zu sehen.